Lucien Favre ist endlich beim BVB angekommen – Interview mit Roman Bürki


Roman Bürki überzeugt in dieser Saison mit teils überragenden Leistungen. Der BVB-Keeper entwickelt sich immer mehr zu einem Führungsspieler der Borussen. In einem aktuellen Interview mit Sky Sport äußert sich Bürki zur aktuellen Situation.

Gleich zu Anfang äußerte sich Bürki zu der neu erlernten Defensivstärke der Dortmunder. „Ich glaube, dass wir, vor allem nach dem Spiel gegen Leverkusen, alle realisiert haben, dass wir nicht immer Spiele gewinnen können, wenn wir zwei, drei Gegentore kriegen. Wir sind nicht immer im Stande, fünf Tore in einem Spiel zu schießen, sondern zwei müssen auch mal reichen, um ein Spiel zu gewinnen.“

Es habe ein Umdenken stattgefunden. „Seitdem sind wir eher in die Spiele reingegangen mit dem Motto: ‚Wenn wir kein Gegentor kriegen, verlieren wir das Spiel auf jeden Fall nicht‘. Und mit unserer Qualität, die wir in der Offensive haben, sind wir immer für ein Tor gut und gefährlich“, erklärte der BVB-Torwart.

Die Niederlage gegen Leverkusen war sehr wichtig

Ein Schlüsselmoment wären die Reaktionen nach der Niederlage gegen Leverkusen gewesen. „Direkt nach dem Spiel in Leverkusen wurde es auch mal ein bisschen lauter in der Kabine. Man hat das natürlich auch angesprochen. Vor allem aus defensiver Sicht, also die Defensivleute, die Torhüter natürlich miteinbezogen. Das fällt dann schon auf, wenn man vorne halt nur dafür spielt oder nur hofft: ‚Hoffentlich kriege ich noch eine Chance, um ein Tor zu machen‘ und sich nicht darauf konzentriert, zu verteidigen.“

Nach Meinung des BVB-Keepers müsse die ganze Mannschaft verteidigen. „Es geht nur, wenn wir alle mitmachen. Ein Riesenkompliment auch an Jadon und an Thorgan und an alle Offensivspieler, dass sie immer wieder zusammen zurückgekommen sind, den eigenen Sechzehner verteidigt und dann von hinten raus die Konter gestartet haben.“

Auch Lucien Favre dürfte das freuen. „Ich glaube, es ist auch wichtig für ihn, dass er gesehen hat, dass die Spieler das auch können. Man hat jetzt nur so einen Zeitpunkt gebraucht wie gerade in Leverkusen, wo wir aufgezeigt gekriegt haben, dass es so nicht funktionieren“, erklärte Bürki.

Anschließend unterstrich Bürki noch einmal die Wichtigkeit der Leverkusen-Niederlage. „Wie gesagt, es wurde ein bisschen lauter nach dem Spiel in der Kabine. Wir waren sauer, weil wir wieder vier Tore gekriegt haben und das Spiel natürlich nicht gewonnen haben. Wir haben aber auch drei geschossen und trotzdem haben wir in dieser Zeit viele Gegentore kassiert gehabt. Und deshalb war es, glaube ich, offensichtlich, dass das der richtige Moment war, um mal was zu sagen, um es anzusprechen.“

Emre Can ist bereits ein wichtiger Anker beim BVB

Für den neuen BVB-Führungsspieler Emre Can hat Roman Bürki nur positive Worte übrig. „Emre ist ein super Spieler, der viel Erfahrung auch mit sich bringt. Ich bin nicht so ein Fan, das alles von einem Spieler abhängig zu machen. Aber ich bin auf jeden Fall auch der Meinung, dass er uns Stabilität und die nötige Aggressivität dann auch auf dem Platz in Zweikämpfen gebracht hat.“

Der deutsche Nationalspieler sei bereits jetzt ein wichtiger Anker beim BVB. „Ich glaube, er ist schon jetzt auf einem guten Weg, so ein Anker bei uns im System zu werden. Ganz vorne haben wir die jungen Wilden, die so ein bisschen machen können, was sie wollen, müssen aber verteidigen. Und dahinter kommt dann immer mehr Verantwortung dazu und deshalb sehe ich ihn da auf einer sehr wichtigen Position mit Axel zusammen und mit der ganzen Verteidigung.“

Auch für Erling Haaland hat der BVB-Torhüter viel Lob übrig. „Eigentlich ein sehr ruhiger Typ. Klar, mit den Toren kommt man dann auch ein bisschen besser, schneller an in der Mannschaft. Er wagt sich dann auch mal was zu sagen, das ist auch gut so. Er macht ganz normal seine Arbeit, er arbeitet hart, er kommt an freien Tagen hierhin, das ist sehr vorbildlich für so einen jungen Spieler.“

Bürki spricht über die Wichtigkeit von mentaler Stärke

Für einen Torwart sei mentale Stärke immer sehr wichtig. „Ja, ich glaube immer, dass es einem hilft, wenn man Erfahrung gemacht hat. Zum Beispiel Fehler oder im Spiel. Man denkt natürlich dann auch ein bisschen: ‚Oh ne, jetzt denken die wieder, der kann damit nicht umgehen, der ist nicht gut genug für diesen Klub‘. Du machst dir ja irgendwelche Gedanken, du wirfst dir selber Sachen vor, obwohl du es gar nicht musst. Und einfach damit, das zu ignorieren und das in positive Energie umzuwandeln, würde ich sagen.“

Besonders als Torwart dürfe man nicht in Selbstzweifel verfallen. „Dass man so ein bisschen manchmal mit der Einstellung in ein Spiel geht, wenn man sich nicht so gut fühlt oder wenn man sich zu viele Gedanken macht: ‚Was ist, wenn ich da wieder einen Fehler mache? Dann kommen die Leute wieder und sagen: ‚Der ist nicht gut genug‘.‘ Dass man einfach so ein bisschen mit dem Gefühl ins Spiel geht, dass es einem so ein bisschen egal ist. So: ‚Ich schiebe das jetzt zur Seite, das ist nur Fußball. Das ist nur ein Spiel.‘ Dass man das einfach dann auch mal so sieht und dass man das dann auch wirklich annimmt und dann so ins Spiel geht.“

Man müsse manchmal auch einfach den Kopf ausschalten. „Die meisten Spieler, oder viele junge Spieler, die sind so gut, weil sie eben sehr wenig überlegen, viel weniger nachdenken als einer, der es vielleicht schwieriger hatte und auch durch schwierige Zeiten gegangen ist – im Fußball, sage ich jetzt. Der junge Spieler, dem einfach alles gelingt, weil der denkt einfach nicht darüber nach: ‚Was könnte sein, wenn’s jetzt misslingt?‘ Sondern, der macht’s einfach. Und wenn’s klappt, dann klappt’s meistens eben auch.“

Der BVB-Torhüter bekam in den letzten Jahren häufig Kritik ab. Diese Zeit sei sehr lehrreich für Bürki gewesen. „In solchen Situationen lernst du dann auch die wahren Freunde oder den Klub kennen. Und der Klub hat direkt mit mir verlängert, als es sehr schwierig war. Dem bin ich sehr dankbar. Dann kriegt man dann auch nochmal eine gewisse Sicherheit, dass man weiß: ‚Okay, ich bin beim richtigen Verein, die Spieler stehen hinter mir und ich darf Fehler machen.‘ Jeder darf Fehler machen in unserem Team, solange er einfach immer wieder alles gibt. Wie gesagt, es war eine schwierige Zeit, aber ich bin froh, dass ich durch diese Zeit gegangen bin.“

Lucien Favre ist gut angekommen

BVB-Trainer Lucien Favre sei nun endlich richtig beim BVB angekommen. „Ich finde, dass er ein bisschen emotionaler geworden ist, was die ganzen Trainingseinheiten und Teamansprachen auch angeht. Also, ich glaube, das ist auch sehr gut angekommen. Ich weiß jetzt nicht, ob das auch wirklich so ist, aber auf mich wirkt das so, als hätte er sich noch ein bisschen mehr geöffnet und ist ein bisschen mehr aus sich rausgekommen. Das kommt gut an bei der Mannschaft auf jeden Fall.“

Die Mannschaft würde sich in einer Dreierkette weitaus wohler fühlen als mit einer Viererkette. „Ich finde schon. Also, ich finde auch, dass wir gar nicht soviel auf die Gegner schauen sollten wie die spielen, sondern dass wir in diesem System spielen sollen, weil wir uns dabei wohlfühlen und unseren Fußball spielen können. Und so hat es eigentlich auch gut geklappt. Ich meine, gegen PSG haben wir ein gutes Spiel gemacht, die zweite Halbzeit in Bremen war auch gut, gegen Frankfurt auch ein souveränes Spiel. Wir müssen eben auch an unsere Stärken glauben und an das, was wir im Moment spielen.“

Wer wird deutscher Meister?

Die Frage wer deutscher Meister wird, kann Roman Bürki noch nicht so richtig beantworten. „Boah, was für eine Frage. Also ich hoffe natürlich, dass wir es werden. Wir werden alles dafür tun, solange wie möglich im Titelkampf dabei zu sein. Im Moment sieht es gut aus. Wir haben – wirklich – uns durch eine schwierige Phase auch wieder ran gekämpft. Und, ja, wie man gesehen hat, der Erste spielt gegen den Letzten und es gibt ein knappes Ergebnis. Klar, Bayern hat gewonnen. Aber es ist einfach sehr schwer dieses Jahr sozusagen einen Favoriten zu sagen, weil es sehr ausgeglichen ist und jeder eigentlich jedem das Leben schwer machen kann. Wir versuchen konstant zu sein, unsere Spiele zu gewinnen und am Schluss ganz oben zu stehen.“

Der BVB habe in jedem Fall eine Chance. Einen klaren Favoriten sieht der BVB-Keeper allerdings nicht. „Nein, wir sind schon….ich finde für mich, weil ich sehe unsere Mannschaft, unsere Qualität. Für mich können wir es auf jeden Fall schaffen.“

Aktuell würde der BVB beinahe in Perfektionismus verfallen. „Ja, man merkt es auch wieder im Training. Man ist nicht zufrieden, wenn nur 90 Prozent der Pässe bei einer Passübung ankommen. Sondern wir wollen wirklich, dass alles klappt. Da kommt von der Mannschaft auch wirklich schon mal eine Stimme und sagt: ‚Kommt Jungs, konzentriert euch.‘ Ich glaube, wir sind fokussiert und auch sehr zielstrebig im Moment.“

BVB verhandelt mit Bürki über neuen Vertrag

Wie es aussieht, wird der BVB-Torwart, noch eine weile, bei den Borussen bleiben. Aktuell wird über einen neuen Vertrag verhandelt. „Ich weiß, dass Gespräche laufen. Ich bin mit meinem Berater im Austausch natürlich, mit Herrn Zorc natürlich auch, den ich fast jeden Tag hier sehe und wir sind auf einem guten Weg, dass es für beide Seiten dann auch passt.“ Bürki fühle sich beim BVB „sehr wohl.“

Gegen Freiburg erwartet Bürki kein einfaches Spiel „Ja, Freiburg ist immer sehr schwierig zu spielen. Sie hatten jetzt eine Niederlage, trotzdem ist Freiburg eigentlich immer sehr unberechenbar, weil der Trainer auch immer sehr kluge Entscheidungen trifft und die Mannschaft sehr gut einstellt auf den Gegner. Von dem her müssen wir alles geben und uns auch voll fokussieren auf dieses Spiel.“

Bürki: Die einzige Möglichkeit ist das Spielfeld zu verlassen

Beim Thema Rassismus positioniert sich der BVB-Torwart klar. „Also ich bin der Meinung, dass es keine andere Wahl gibt, als den Platz zu verlassen, sobald man sowas hört. Weil wenn man weiterspielt, dann wird es ein stückweit zur Seite geschoben und wir sprechen ja immer davon, dass es aufhören muss und dass es natürlich ein No-go ist. Und deshalb gibt es für mich nur eine nachvollziehbare Entscheidung: Und zwar direkt das Spiel zu beenden oder zu unterbrechen, bis diese Person draußen ist oder diese Personen, die rassistische Beleidigungen gemacht haben!“

Abschließend unterstrich Bürki noch einmal seine klare Position gegen Rassismus. „Für mich ist es ein No-Go, das gehört nicht hierhin, das gehört nirgends auf der Welt hin und von dem her müssen wir auch schauen, dass wir rigoros durchgreifen, egal was da jetzt für TV-Kanäle da sind, um das Spiel zu sehen. Es ist wichtig, dass man gegen Rassismus vorgeht.“

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Fabian Budde

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