BVB-Streitgespräch: Dietmar Hopp – EX-Ultra vs. Ultra-Kritiker


Am vergangenen Wochenende eskalierte der Konflikt zwischen BVB-Fans und TSG-Mäzen Dietmar Hopp erneut. Selbst Fans des FC Bayerns solidarisierten sich mit den Dortmundern und platzierten – beim Auswärtsspiel in Sinsheim – mit Beleidigungen beschriftete Plakate im Fanblock der Münchener. Auch in anderen Bundesligastadien solidarisierten sich die Fans mit den Borussen und riefen Hopp-Schmähungen.

In der Gesellschaft gibt es grundlegend zwei Positionen. Die einen stehen hinter den Ultras und halten die Beleidigungen gegenüber Dietmar Hopp für gerechtfertigt und die anderen sprechen sich gegen den Hass aus und fordern eine konsequente Verfolgung der ausführenden Personen.

Grund genug für MEIN09 dieses Thema einmal grundlegend zu diskutieren. MEIN09 Mitbegründer Julian Buschmann war selbst mal in der „Ultra-Szene“ unterwegs und vertritt daher auch eher die Seite der Ultras. Fabian Budde sieht die Aktionen der Ultras sehr kritisch und wünscht sich eine sachlichere Kritik. Die beiden MEIN09 Autoren haben versucht, dieses Thema möglichst sachlich zu diskutieren und vertraten dabei ihre eigenen Standpunkte.

Das BVB-Streitgespräch zum Thema Dietmar Hopp

Der Ultra-Kritiker Fabian Budde beginnt die Diskussion und appelliert an den menschlichen Verstand: „Es kann einfach nicht sein, dass ein einzelner Mann von ganzen Gruppierungen öffentlich so diffamiert und beleidigt wird. Wie in meiner Kolumne „Das Thema Dietmar Hopp und der BVB“ bereits erwähnt, finde ich Protest und Kritik an Dietmar Hopp und der TSG aus Hoffenheim legitim. Wenn es aber so weit kommt, dass Plakate mit Dietmar Hopp im Fadenkreuz oder den Wort „Hurensohn“ im Fanblock hochgehalten werden, geht das entschieden zu weit.“

EX-Ultra Julian Buschmann kann die Vorgehensweise der Ultras verstehen: „Dass sich Dietmar Hopp angegriffen fühlt, ist nur verständlich. Dennoch geht es auch auf den Bannern nicht um ihn als Person. Auf den Bannern und in den „Schmähgesängen“ wie man sie so gerne nennt, geht es um den DFB und die Mäzen. Um den finanziellen Aspekt und die Benachteiligung der Vereine, die ohne diese finanzielle Hilfe überleben.
Fans und vorallem die Ultraszene wollen nach meiner Einschätzung nicht Dietmar Hopp selbst angreifen, sondern nur für das was er im Fußball steht. Ich höre immer wieder das Herrn Hopp viel mit seinem Geld tut. Ich finde zum Beispiel gut, dass er viel Geld in die Medizin steckt. Da wird das Geld gebraucht und auch gewollt. Aber nicht im Fussball.“

Fabian entgegnet dem: „Du denkst also den Ultras, geht es wirklich um Kritik? Wieso wird dann nicht sachlich kritisiert, sondern Plakate mit darauf stehenden Beleidigungen hochgehalten?“

Julian ist sich sicher, dass es den Ultras um Kritik geht. Dennoch kritisiert auch er die Beleidigungen und Morddrohungen gegenüber Dietmar Hopp: „Ich bin mir absolut sicher, dass es den Ultras um Kritik geht. Ich finde solche Beleidigungen und sogar Morddrohungen ebenfalls nicht in Ordnung. Doch sachlich hat man mehrfach kritisiert. Seit Jahren sogar. Allerdings wird man vom DFB als „einfacher Fan“ nicht gehört. Da muss man zu krasseren Mitteln greifen. Ich will diese Aktion keinesfalls verunglimpfen. Dennoch kann ich absolut nachvollziehen, wieso man das getan hat. Mit solchen Mitteln, hat man als Ultra erreicht, was man erreichen wollte. Es wird diskutiert.“

„Die Kritik ist sinnlos“

Für Fabian ist diese Kritik aber nur noch sinnlos: „Es ist offensichtlich, dass der DFB und auch allgemein die Fußballwelt diese Kritik nicht annehmen möchte. Es ist nun mal ein Fakt, dass sich der Fußball immer weiter kommerzialisiert und heutzutage ein Milliardengeschäft ist. Wir sprechen hier von hochklassigen europäischen Spitzenfußball. Es ist pures Business und leider kein Platz für Romantisierungen da. Als Fan kannst du nun entweder damit leben, oder du verabschiedest dich vom Profifußball und gehst unterklassige Vereine unterstützten. Als BVB-Fan bietet sich da Beispielweise an, den Support auf die Amas zu beschränken. Das ist (leider?) die Realität und diese können auch keine Hass-getränkten Proteste mehr umkehren.“

Julian ist dennoch der Meinung, dass man für das was man Liebt kämpfen sollte: „Die Ultras sind jedes Heimspiel bei den Amateuren von Borussia Dortmund in der Roten Erde. Wenn es keine Spielüberschneidungen der Profimannschaft gibt. Der Verein ist „die große Liebe“ der Ultras und somit kämpfen sie auch um das, was ihnen lieb ist. Dass der Profifussball sich kommerzialisiert ist keine Frage. Dennoch muss man daran denken, dass die Fans das sind, was den Fussball zu einem Milliardengeschäft macht.“

Fabian sieht dann nur eine Lösung des Problems: „Du sagst so schön, dass die Fans und insbesondere die Ultras dafür gesorgt haben, dass der Fußball zu einem Milliardengeschäft geworden ist. Dann gibt es doch eine ganz einfache Konsequenz. Die Ultras müssen einfach vom so gehassten kommerzialisierten Profi-Fußball wegbleiben. Nach dem Prinzip der in Deutschland vorhandenen (sozialen) Marktwirtschaft werden die Vereine (und der DFB) sich den Wünschen der Fans beugen, falls der Fußball am Wegbleiben der Fans bzw. Ultras wirklich kommerziell leidet. Wenn die Gruppierungen also wirklich etwas verändern wollen, sollten Sie sich aus dem Profi-Fußball (vorerst) zurückziehen. Es wird sich dann zeigen, ob die Vereine auf Sie wirklich angewiesen sind.“

„Es muss um die große Liebe gekämpft werden“

Julian bleibt dennoch bei seiner Meinung: „Da gebe ich dir vollkommen recht. Aber dennoch ist es schön zu wissen, dass noch jemand an den Fussball glaubt den wir lieben gelernt haben. Und darum kämpft, dass er wieder so wird wie er war. Auch wenn das unwahrscheinlich ist, geben einige Menschen nicht auf. Und das ist gut so. Wo wären wir in dieser Welt, wenn jeder gleich aufgeben würde, wenn er scheitert?“

Fabian stimmt Julian zu, allerdings dürfte niemand drittes zu Schaden komm. Leider geschieht das bei den aktuellen Protesten aber: „Genau das ist der Punkt. Es kann jeder für seine Träume und Wünsche kämpfen, Voraussetzung dafür ist aber, dass niemand anderes Schaden nimmt. Dietmar Hopp wird hier aber von den sogenannten Ultras instrumentalisiert, um ein generelles Problem mit dem Fußballgeschäft zu lösen. Darunter leidet Dietmar Hopp und in der letzten Konsequenz der gesamte Fußball. Es kann nicht sein, dass zukünftig kein Spiel mehr friedlich beendet werden kann. Die Fans des alten romantischen Fußballs haben verloren und das müssen Sie einsehen. Mir gefällt das auch nicht. Aber es ist die Realität.“

Julian bleibt weiterhin dabei, dass die Ultras eben so zu krassen Mitteln greifen müssen. „Ich stimme dir zu, dass Beleidigungen und Anfeindungen nicht in Ordnung sind. Aber wie ich beschrieben hatte, muss man als Fan zu einem krassen Mittel greifen damit man gehört wird.
In Stadien gibt es Rassismus, der DFB greift nicht ein. Und auch bei vielen anderen Dingen greift der DFB nicht ein. Kaum wird ein Mäzen beleidigt, greift der DFB hart durch.
Das bestätigt mir noch einmal das Problem mit dem Profifussball. Ich gebe dir ebenfalls recht, dass es die Realität ist. Und das man es einsehen muss. Dennoch bewundere ich diejenigen die darum kämpfen. Auch, wenn die Art und Weise nicht die feine Art ist.“

„Der DFB muss auch bei Rassismus eingreifen“

Auch Fabian ist der Meinung, dass der DFB auch bei Rassismus eingreifen muss. „Dass der DFB bei Rassismus nicht eingreift, darf natürlich auch nicht sein. Ich hoffe, dass das vergangene Fußballwochenende das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht hat und der DFB nun generell härter durchgreift. Natürlich darf nicht nur bei der Beleidigung eines Mäzens eingegriffen werden. Das ist kein Thema. Dennoch greift auch da wieder mein Argument der Marktwirtschaft. Es zwingt uns niemand das „Produkt“ Profi-Fußball zu konsumieren und damit auch zu unterstützen. Wenn ich solche großen Probleme mit der Politik des Geschäfts habe, dann muss ich mich eben Alternativen zuwenden. So schade es ist.“

Abschließend fügt er hinzu: „Trotzdem gebe ich dir recht. Der DFB muss spätestens jetzt insgesamt härter durchgreifen. Tut er das nicht, wirft das einen extrem fragwürdigen Schatten auf den deutschen Fußballverband.“

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Fabian Budde

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